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Sammelblog zur Spielkultur

 
Game Over

Die Voraussetzung, daß Kommunikation stattfindet, ist nicht nur in der schönen Tautologie zu fassen, daß nur Kommunikation kommuniziere, sondern bedarf auch und vor allem eines durch Standards homogenisierten Raumes (medien)technischer Kompatiblität. Allen schönen neuen Spielräumen, die die Apologeten einer ludischen Computerkultur ausrufen, gehen folglich erst einmal die Möglichkeitsbedingungen voraus, mit Machinen überhaupt zu spielen zu können. »Two Lives« bringt ja diesen Tatbestand zu schönem Ausdruck, daß es für Computerbenutzer nicht nur Lebenszeit gibt, die sie mit ihrem Körper im Realen verbringen, sondern daß beim und für den Umgang mit universalen symbolischen Maschinen eben permanent ein zweiter, symbolischer Körper generiert werden muß, auf daß dann gleiches mit gleichem kommunizieren kann. Dieser ,organische Konstruktion", wie Ernst Jünger es nennen würde, die sich zeitgenössisch »interface« nennt, bringt nicht nur der Mensch ein Opfer, sondern auch die Maschine. Interface-Designer reichen, so die Ideologie der gesamten Branche, mit jeder Betriebssystemgeneration neue und größere Gaben auf dem Altar der »usability« oder Menschengerechtigkeit. Diese angedrohte Gerechtigkeit braucht angesichts der Unauffindbarkeit »des« Menschen natürlich ein Modell, sie »modelliert« also erst einmal ihren Menschen, damit dieser dann --so das Versprechen-- ganz »er selbst« sein kann. Und ganz er selbst ist er bekanntlich (und wenn man Schiller glauben darf) genau dann, wenn er spielt.
[von Claus Pias]

Was heißt hier Spielkultur? Die Oberhausener Fußballausstellung "Der Ball ist rund"

Einer der verlässlichsten Leitsätze Sepp Herbergers lautet: Die Leute kommen ins Stadion, weil sie nicht wissen, wie das Spiel ausgeht. Daran ändern auch Misserfolge wie jüngst bei der Europameisterschaft nichts. Jeder Spieltag steckt für den Fan voller Erwartungen, jedes Spiel könnte eine überraschende Wende nehmen. Daraus bildet sich, wie zum Beispiel der englische Schriftsteller Nick Hornby in seinen Fan- Bekenntnissen "Fever Pitch" beschrieben hat, eine besondere Erinnerung, in der die Momente von Triumph oder Niederlage konserviert sind. Und mit der Hilfe von Fernseh- und Video-Rückblicken lassen sich die entscheidenden Szenen immer wieder konsumieren. Die weltweit beliebteste und profitabelste Sportart ist weitgehend archiviert. Doch nur in Ausnahmefällen werden Spiele noch vollständig aufgezeichnet und verbreitet. Weil jeder weiß, wie es ausgegangen ist, zählen nur die Höhe- und Wendepunkte.
[von Rainer Rother]

In Japan bekriegen sich männliche Pendler in Vorortzügen als Samurai mit ihrem I-Mode-Handy. Spiele-Produzenten planen den multimedialen Angriff auf die weibliche Psyche. Will man das? Falsche Frage: Japaner sind anders.

Eine Fahrt mit der U-Bahn in Tokio ist gefährlich für das mitteleuropäische Selbstbewusstsein. Auf der Yamanote-Linie, die Tokio in einer langen Schleife durchfährt, fühlt man sich mit seinem Handy aus Deutschland wie ein Steinzeitmensch, der mit einem Speer gegen eine präzisionsgesteuerte Laserrakete anstinken will. Taro sitzt neben mir und hat I-Mode. Mein Handy hat No-Mode.
Der 29-jährige Grafikdesigner hat mit seinem Mobiltelefon Zugang zu fast 15000 Handy-Websites. Geld überweisen, Tickets buchen, Fotos sekundenschnell verschicken ist für ihn längst Alltag. Im Vergleich dazu wirkt ein WAP-Handy uralt. Und es gibt noch mehr Gründe, neidisch zu sein: Der Japaner mit dem blondierten Bürstenschnitt ist ein Samurai. Er fährt auf der Yamanote-Linie durch die Betonwüste Tokios. Doch auf seinem Display streift er durch kleine pittoreske Ortschaften aus der japanischen Feudalzeit.
[von Ralf Eibl]

Ein Team wie das Land: Warum wir nicht mehr Weltspitze sind

Ach, Fußball! Warum müssen wir uns dafür interessieren? Weil ab Freitag, 13.30 Uhr, wenn in Seoul das Eröffnungsspiel der 17. Weltmeisterschaft angepfiffen wird, Fußball für fünf Wochen den öffentlichen Diskurs bestimmen wird. Weil Millionen Männer und Frauen morgens nicht das Bruttosozialprodukt erhöhen, sondern die Spiele der deutschen Mannschaft ansehen werden. Weil sie alle das Spiel für wichtig halten. Weil dem Taxifahrer in der indischen Provinz zum Fahrgast aus Deutschland nicht nur "Hitler!" einfällt, sondern auch "Oliver Kahn!". Weil nur hier die Afrikaner als Mitspieler beim Weltgeschehen wirklich ernst genommen werden. Weil die Ergebnisse des Turniers das Selbstverständnis ganzer Nationen nachhaltiger beeinflussen als Spendenskandale, Kanzlerkandidaten oder Wirtschaftsdaten. Kurzum: Weil, wie es der Liverpooler Trainer Bill Shankley einmal gesagt hat, "Fußball nicht ein Spiel auf Leben und Tod ist. Es ist viel mehr als das."
[von Christof Siemes]

Ästhetik der WM (3)

Wie sitzt man in den Stadien? Sehen die Fußballer eigentlich gut aus? Passend frisiert? Was machen Waden, Strümpfe, Hosen? Gilt Knigge bei den Trainern und gibt es noch fußballerisches Liedgut? Der Freitag-Sportplatz kommentiert die Weltmeisterschaft 2002 als ein ästhetisches Phänomen. Denn eines ist klar: Fußball ist Geschmackssache.

In Schönheit sind schon viele gestorben. Immer wieder die Afrikaner, das sowjetische Team in den achtziger Jahren und zuletzt Bayer Leverkusen. Wer unsterblich werden will, muss vollkommen sein - die Gesetze der Kunst gelten auch für den Fußball.
[von Hans Thie]

 
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